Albert Christoph Dies
Biographische Nachrichten von Joseph Haydn
Man schießt weit über das Ziel hinaus, wenn man Albert Christoph Dies (1755 – 1822) in seinen „Biographischen Nachrichten von Joseph Haydn“ (Wien 1810) auch nur die Idee einer Geschichtsklitterung unterstellen würde. Der aus Hannover gebürtige Landschaftsmaler verstand sich als Kulturmensch, dem Musik und bildende Kunst ebenso vertraut war wie Politik: Er sammelte, wessen sich Haydn in seinen letzten Lebensjahren erinnerte, „Beiträge zu einer Biographie“. Zu Unrecht wurde sein Büchlein bisweilen – wohl auch wegen der darin enthaltenen Anekdoten – als zu literarisch abgetan. Zwar sollten wir bei unserer Einschätzung mit einbeziehen, dass das Zusammentragen, Ordnen und Niederschreiben von Fakten relativ einfach ist. Aber dann auch wieder nicht so einfach, wenn man an die oft kläglichen Versuche einer textkritischen Edition der Partituren Haydns denkt.
Der geneigte Leser einer Biographie wird auf der Suche nach Wahrheit immer auf eine – wenn das Werk gut verfasst ist mitunter unterhaltsame und spannende – Probe gestellt: Seine eigene Interpretationsbrille, dann die des Verfassers und schließlich noch diejenige, dessen Leben beschrieben wird, von der Nase zu ziehen, um so quasi „blind“ zu erkennen, dass man letztendlich die „Wahrheit“ vergeblich sucht. Denn, wahr sind nur die Erinnerungen, die unser Herz bewegen, die Träume, die wir spinnen, und Sehnsüchte, die uns weiter treiben – wahr sind nur wir selbst. So kann dem geneigten Leser oder Hörer und natürlich dem Haydnfreund vorliegende im Gedenkjahr 2009 des großen Tonsetzers veröffentlichte Rarität bedenkenlos als Vademecum anvertraut werden, so wie es Dies empfiehlt: „Das Ganze entwerfe sich jeder nach seinen Kräften“.
Biographische Nachrichten
von
Joseph Haydn
Nach mündlichen Erzählungen desselben entworfen und herausgegeben von
Albert Christoph Dies
Landschaftmaler.
Wien, 1810
bearbeitet von
Bernhard Trebuch
vorgelesen
von
Bernhard Drobig
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