EVVIVA! IL PRINCIPE – LuciSerene

The LuciSerene ensemble and the equally distinguished Mauro Borgioni counter the long-established traditions, characterised by their homogeneity and beauty of sound, with a welcome freshness. The text and the individuality of each voice and emotion are their guiding principles, and what better choice of repertoire than the madrigals of Carlo Gesualdo, Prince of Venosa to illustrate this interpretational approach. LuciSerene now celebrate the 450th anniversary of this unique composer.

EVVIVA! IL PRINCIPE – LuciSerene
Einen Kontrapunkt zu etablierten, von homogenen Schönklang geprägten Interpretationen setzt das Ensemble LuciSerene mit Mauro Borgioni als primus inter pares. Der Text, die Individualität der einzelnen Stimmen und Emotionen sind oberstes Prinzip. Was wäre für diesen Interpretationsansatz besser geeignet als Madrigale des Principe da Venosa, Carlo Gesualdo. LuciSerene feiert den 450. Geburtstag dieses einzigartigen Komponisten.

fb 1618479 EVVIVA! IL PRINCIPE Carlo Gesualdo – Madrigali
ARSTIST

«EVVIVA! IL PRINCIPE»
Don Carlo Gesualdo da Venosa
Madrigali

LuciSerene

Alessandra Gardini (soprano)
Jacopo Facchini (countertenor)
Alberto Alegrezza & Massimo Altieri (tenor)
Mauro Borgioni (bass & director)

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1 CD
EAN 4260307434793

tracks

CARLO GESUALDO   (1566 – 1613)

[ 1 ]    «O voi troppo felici»
«Madrigali a cinque voci, libro quinto» Venezia, 1611
[ 2 ]    «O dolce mio martire»
[ 3 ]    «Sì gioioso mi fanno i dolor miei»
[ 4 ]    «Baci soavi e cari»
«Madrigali a cinque voci, libro primo» Ferrara, 1594
[ 5 ]    «Se così dolce è il duolo»
«Madrigali a cinque voci [Libro secondo]» Ferrara, 1594
[ 6 ]    «‹Non t’amo›, o voce ingrata»
[ 7 ]    «Crudelissima doglia»
«Madrigali a cinque voci, libro terzo» Ferrara, 1595
[ 8 ]    «Se vi duol il mio duolo»
[ 9 ]    «‹Mercè!›, grido piangendo»
[ 10 ]    «Poiché l’avida sete»
[ 11 ]    «Asciugate i begli occhi»
[ 12 ]    «T’amo, mia vita»
«Madrigali a cinque voci, libro quinto» Venezia, 1611

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Text

«Evviva! Il Principe»
Von Musik, Liebe, Leidenschaft und Mord hin zum Wahn

Anno 1590, Palazzo San Severo Neapel, Nacht vom 16. auf 17. Oktober: Ein grausamer Doppelmord erschüttert die Stadt. Donna Maria d’Avalos, Tochter des Marchese von Pescara und Fabrizio Carafa, Herzog von Andria sind die Opfer. Ihre leblosen Körper liegen blutüberströmt mit unzähligen Stichwunden und verstümmelt im Schlafgemach. Die Exekutive protokolliert äußerst detailreich die letzten Minuten des adeligen Paares. Offenbar ein Liebespaar, allerdings kein Ehepaar wie die Magistratsbeamten sicher nicht erst am Tatort feststellten. Denn die Affäre der beiden war bereits seit beinahe zwei Jahren Munition für die Klatsch- und Tratschmäuler der Stadt, ja ganz Italiens. Dass Donna Maria d’Avalos bereits 1586 geheiratet hatte, würzte die Liebesgeschichte sicher wesentlich. Dass ihr Ehemann einer ihrer Cousins war, stellte keine weitere Besonderheit dar.
Der Name des Gatten allerdings ließ sicher ein Raunen durch das Königreich Neapel und beider Sizilien gehen: Don Carlo Gesualdo, Principe da Venosa. Der Mörder gesteht in den Verhören die Tat, bei der er offenbar von seinen Dienern unterstützt wurde. Im Zustechen auf seine Frau soll der gehörnte Ehemann mehrmals «sie ist noch nicht tot!» geschrien haben. In «flagrante delicto di fragrante peccato» habe er die beiden ertappt und der außerehelichen Liebesaffäre ein jähes Ende gesetzt. Und das offenbar zu Recht, denn der Täter und seine Gehilfen wurden nie zur Rechenschaft gezogen. Diese Mordsache trug zu Lebzeiten wesentlich zur Berühmtheit des Täters bei. Die für uns interessantere Seite Gesualdos, die musikalische, war beinahe Nebensache.
Der «Principe assassino» zog sich auf sein Gut in Gesualdo in der heutigen Provinz Avellino zurück. Das Schloss der Familie wurde übrigens erst jüngst restauriert und ist wie die kleine Gemeinde, ja ganz Kampanien eine Reise wert. Hier beginnt sich der Principe wieder einer davor eher geheim gehaltenen Leidenschaft zu widmen: der Musik. Diese Passion war zunächst geheim gehalten worden, denn es ziemte sich nicht für einen Mann von Gesualdos Stand, «handwerkliche» Tätigkeiten wie das Komponieren auszuüben.
Carlo Gesualdo wurde am 8. März 1566 – vor 450 Jahren – in eine bekannte Familie, die auch etliche Kleriker hervorbrachte, geboren. Einer seiner Onkel war der berühmte Cardinale Carlo Borromeo, Erzbischof von Mailand und wichtiger Kämpfer der Gegenreformation in den Jahren nach dem Konzil von Trient. Philipp II. hatte die Familie mit dem kleinen Fürstentum Venosa bedacht. Vor allem durch Beziehungen zur römisch-katholischen Kirche, ja bis hin zum Papst, ist Gesualdos Familie zu einer der mächtigsten des Landes aufgestiegen. Der Schutz der Kirche war ihr sicher, was wohl auch nicht unbedeutend für den «Principe assassino» war.
1594, im Jahr, als Giovanni Pierluigi da Palestrina und Orlando di Lasso starben, heiratete Carlo Gesualdo auf Vermittlung seines Onkels Cardinale Alfonso Gesualdo erneut: Leonora d’Este war die Auserwählte. Mit ihr verlebte der Principe zwei Jahre in Ferrara, wo er sicher Bekanntschaft mit dem Organisten und Komponisten Luzzasco Luzzaschi (1545 – 1607) geschlossen hat. Mit den «Madrigali» für das berühmte «Concerto delle donne» wurde Luzzaschi wesentlicher Wegbereiter für die Neue Musik, die «Seconda prattica» – also für das Komponieren über dem Basso continuo. Zudem war Luzzaschi auch Lehrer von Girolamo Frescobaldi, dem späteren Organisten am Petersdom in Rom und weit über Italien hinaus die Claviermusik prägenden Komponisten.
In Ferrara, jener für die Musik bedeutenden Stadt – denken wir nur an Jacob Obrecht – erschienen 1594 die beiden ersten fünfstimmigen Madrigalbücher des Fürsten von Venosa. Carlo konnte sicher auch den bereits moderneren Klängen des «Concerto delle Donne» lauschen. Dieses Ensemble von Sängerinnen, die sich selbst auf Laute, Harfe oder Cembalo begleiteten, war nicht nur am Hof der d’Este, sondern weit über die Grenzen des Herzogtums hinaus bekannt. Gesualdo konnte also quasi aus erster Hand die einsetzenden Wehen der Neuen Musik mitverfolgen, hat aber – obwohl auch an einer musikalischen Zeitenwende stehend – nicht in der «Seconda prattica» geschrieben. So unterschreitet seine Vokalmusik – und eigentlich ist nur Vokalmusik überliefert – niemals das Prinzip der Fünfstimmigkeit, diese jedoch wird bis zur Siebenstimmigkeit erweitert. Der Basso continuo bleibt dem Principe fremd. Was Monteverdi nachvollziehbar ein wesentliches Anliegen war, den alten Stil, die «Prima Prattica» zu beherrschen und die «Seconda Prattica» mitzugestalten, war für Gesualdo keine Disziplin.
Freilich, Grundidee war für beide Komponisten das Erzeugen und Transportieren von Emotionen durch die Musik. Gesualdo erreicht dies durch heute auch für uns noch immer schräge, die Ketten der Zeit sprengende Harmonien. Im Vergleich zu diesen erscheint sogar Monteverdis Dissonanz am Beginn des berühmten Lamento d’Arianna in schwachem Glanz. Extravagante Harmonien, chromatische Modulationen, große Intervallsprünge und bisweilen kaum ins Ohr gehende Melodien prägen die Musik des Principe und spiegeln dabei sicher nicht nur die Dramatik des Textes, sondern vor allem auch die seelische Zerrissenheit ihres Schöpfers.
Ab 1595 blieb der Fürst Ferrara immer öfter und länger fern, lebte in tiefe Melancholie versunken auf seinem Schloss in Gesualdo, versuchte ebendort ein musikalisches Leben wie am Hofe der d’Este zu errichten, scheiterte. Die letzten fünfzehn Jahre seines Lebens widmete der Fürst sich ganz der Musik, immer mehr kränkelnd, verwirrt und verwahrlost.
Er beauftragt Maestro Giovanni Balducci, das Altargemälde «Il perdono di Carlo Gesualdo» (Die Versöhnung des Carlo Gesualdo) für die Kirche S. Maria delle Grazie in Gesualdo zu malen. Das Gemälde von 1609 zeigt den Fürsten links unten neben der Hölle bittend. Am 8. September des Jahres 1613 stirbt Don Carlo Gesualdo da Venosa.
Bernhard Trebuch

sleeve notes

«Evviva! Il Principe»
From music, love, passion and murder to madness

Palazzo San Severo in Naples, on the night of 16th October 1590: a gruesome double murder shocks the city. The victims are Donna Maria d’Avalos, daughter of the Marquis of Pescara, and Fabrizio Carafa, Duke of Andria. Their lifeless, batterd bodies, covered in numerous stab wounds, lie in pools of blood in the bed chamber. The authorities record the noble couple’s final minutes in minute detail. They are clearly lovers but not married, establish the magistrates – though surely not at the scene of the crime, for their affair has been the subject of the city’s gossip mongers (and throughout Italy) for almost two years now. The fact that Donna Maria d’Avalos had married in 1586 certainly spiced up the matter considerably; that her husband was also a cousin of hers was of no particular interest. His name however must have set off whispers throughout the kingdom of Naples and Sicily: Don Carlo Gesualdo, Principe da Venosa. During the course of the investigation, the murderer admits to the deed, in which he was apparently aided by his servant. Whilst stabbing his wife, the cuckolded husband was heard to have screamed «she’s not dead yet!» ­several times over. He had discovered the lovers in flagrante delicto di fragrante peccato and brought the adulterous affair to an abrupt end: apparently he was in the right, for neither he nor his accomplice was ever held to ­account. In fact, the murder case brought considerable fame to the perpetrator during his lifetime. What interests us now about Gesualdo, the music, was then of little import.
The «Principe assassino» withdrew to his property in Gesualdo in what is now the province of Avellino. Incidentally, the family castle was recently restored and, like the little village – indeed all of Campania – well worth a visit. There the prince began to devote himself once again to a hitherto secret passion, music. This passion had been kept private, for it was not seemly for a man of Gesualdo’s status to be engaged in the manual task of composition.

Carlo Gesualdo was born 450 years ago, on March 8th, 1566, into a well-known family which also produced several clergymen. One of his uncles was the famous cardinal Carlo Borromeo, Archbishop of Milan, an important figure in the counter-reformation following the Council of Trent. Philipp II had bestowed the family with the small princedom of Venosa and through their connections within the Roman Catholic Church, which went as far up as the Pope, Gesualdo’s family became one of the most powerful in the land. They could count on the church’s protection, a not insignificant fact for the «Principe assassino».
Through a recommendation of his uncle, Cardinal Alfonso Gesualdo, Carlo Gesualdo re-married in 1594, the same year in which both Giovanni Pierluigi da Palestrina and Orlando di Lasso died. The chosen bride was Leonora d’Este. Gesualdo lived for two years in Ferrara with her, where he certainly became acquainted with the organist and composer Luzzasco Luzzaschi (1545 – 1607). With his madrigals for the famous «Concerto delle donne» Luzzaschi broke new ground for the «Seconda Prattica», i.e. composing over a basso continuo. Luzzaschi also taught Girolamo Frescobaldi, later organist of St. Peter’s in Rome and composer of keyboard music influential far beyond Italy’s borders.
It was in Ferrara, a city well-known for music – just think of Jacob Obrecht – that the first two five-part madrigal books by the Prince of Venosa appeared in 1594. Carlo would certainly have had occasion to listen to the modern sounds of the «Concerto delle Donne», a group of female singers who accompanied themselves on the lute, harp or harpsichord and who achieved fame far beyond the court of d’Este and the duchy’s borders. Thus Gesualdo was able to witness the birth pangs of this new music almost at first hand without however subscribing to the «Seconda Prattica» himself, despite standing at a musical crossroads. His own vocal music (no other kind survives) never fell short of the five-part principle and occasionally expanded to seven-part writing. Basso continuo remained a closed book to the prince. Whereas Monteverdi understandably considered it important to master the old style, the «Prima Prattica», and later to contribute to the development of the «Seconda Prattica», this clearly did not appeal to Gesualdo.
Both composers sought first and foremost to create and transmit emotions through their music. Gesualdo achieved this with angular harmonies which not only transgressed the boundaries of the time but still sound extreme to our ears today. Even Monteverdi’s dissonances in the opening of the famous Lamento d’Arianna sound pale by comparison. Extravagant harmonies, chromatic modulations, wide intervals and almost unrecognisable melodies characterise the prince’s music, reflecting not only dramatic elements in the text but above all the mental anguish of their creator.
From 1595, the prince absented himself from Ferrara more and more frequently and for lengthier periods, sunk in deep melancholy at his castle in Gesualdo where his attempts to create a musical climate similar to that of the court of Este were doomed to failure. He devoted the last fifteen ­years of his life entirely to music, his health failing, becoming confused and neglected. He commissioned Maestro Giovanni Balducci to paint the altar piece «Il perdono di Carlo Gesualdo» for the church of S. Maria ­delle Grazie in Gesualdo. The painting, from 1609, depicts the prince praying next to hell in the bottom left-hand corner. Don Carlo Gesualdo da Venosa died on September 8th, 1613.
Bernhard Trebuch

libretto

O VOI TROPPO FELICI
O voi troppo felici,
Che mirate il mio sole
E cangiate con lui sguardi e parole;
Quel che a voi sopravanza, ahi, potessi io
Raccor per cibo a gli occhi del cor mio.

O DOLCE MIO MARTIRE
O dolce mio martire
cagion del mio gioire.
E se ben di me privo
io più beato e più felice vivo.
Questo è poter d’amore
che rubbandomi il cor mi può beare
in forme nuove e care.

SI GIOIOSO MI FANNO
Sì gioioso mi fanno i dolor miei,
donna, per amar voi,
che sempre amando ogn’hor morir vorrei.
E fra me dico poi:
se tal gioia mi dona il mio martire,
hor che sarà il morire?

BACI SOAVI E CARI
Baci soavi e cari,
Cibi de la mia vita,
C’or m’involate,
or mi rendete il core.
Per voi convien ch’impari
Come un’alma rapita
Non sente il duol di morte
E pur si more.

SE COSÌ DOLCE È IL DUOLO
Se così dolce è il duolo,
deh, qual dolcezza aspetto
d’imaginato mio nuovo diletto.
Ma se avverrà ch’io muoia
Di piacer e di gioia
Non ritardi la morte
Si lieto fin’è si felice sorte.

«NON T’AMO»
«Non t’amo», o voce ingrata,
la mia donna mi disse;
e con pungente strale
di duol e di martir, l’alma trafisse.
Lasso, ben sù la piaga aspra e mortale,
pur vissi e vivo
ahi, non si può morire
di duol e di martire.

CRUDELISSIMA DOGLIA
Crudelissima doglia,
all’hor che più gioisco
a lagrimar m’invoglia
mentre miro il mio amore.
Godo in mirar, in desiar languisco.
Ahi, che bellezza è un fiore
lieto a la vista, doloroso al core.

SE VI DUOL IL MIO DUOLO
Se vi duol il mio duolo
Voi sola, anima mia,
Potete far che tutto gioia sia.
Deh, gradite il mio ardore,
Ch’arderà lieto nel suo foco il core,
E quel duol che vi spiace
In me sia gioia, in voi diletto e pace.

«MERCÈ!», GRIDO
«Mercè!», grido piangendo,
ma chi m’ascolta?
Ahi lasso, io vengo meno.
Morrò dunque tacendo.
Deh, per pietade! Almeno,
o del mio cor tesoro,
potessi dirti pria
ch’io mora: «Io moro.»

POICHÉ L’AVIDA SETE
Poiché l’avida sete
C’hai del mio triste e lagrimoso humore
Non è ancor spenta, O dispietato core,
Spengala il sangue mio
C’hor verserà dal mio trafitto petto
Un doloroso rio.
Ma tu, cagion di quella atroce pena
Che a la morte mi mena,
Mira, mal grado tuo, pietoso effetto
De la tua crudeltà, del mio tormento,
Che, morendo, al mio duol morte non sento.

ASCIUGATE I BEGLI OCCHI
Asciugate i begli occhi,
Deh, cor mio, non piangete
Se lontano da voi gir mi vedete!
Ahi, che pianger debb’io misero e solo,
Ché partendo da voi m’uccide il duolo.

T’AMO, MIA VITA
T’amo, mia vita’ la mia cara vita
Mi dice e in questa sola
Dolcissima parola
Par che trasformi lietamente il core
Per farsene signore,
O voce di dolcezza e di diletto,
Prendila tosto, Amore,
Stampala nel mio core!
Spiri solo per te l’anima mia:
T’amo mia vita la mia vita sia.