Evaristo Felice Dall’Abaco
Concerti a Quatro da Chiesa, op. 2

Evaristo Felice dall‘ Abaco (1675 – 1742) was—already by his eventful life, which led the Veronese to Germany, France and the Netherlands—a real European composer.
He skilfully «assimilated» the most important instrumental styles of his epoch, combined them and created a mixture of violin style of Emilian origin, mannered French goodness from Corelli’s strict spelling to the imaginative light-heartedness of early gallant style. Thus the Concerti give an impression of Italian music alongside the well-known works of a Vivaldi or Locatelli.
The Veronese ensemble «Il Tempio Armonico» under Alberto Rasi performs the Concerti with virtuosity, but also with the typical Italian «grandezza».


Evaristo Felice dall’ Abaco (1675 – 1742) war — bereits durch sein wechselvolles Leben, das den Veroneser nach Deutschland, Frankreich und in die Niederlande führte — ein echt europäischer Komponist.
Geschickt «verleibte» er sich die bedeutendsten Instrumentalstile seiner Epoche ein, verband sie miteinander und kreierte eine Mischung aus Violinstil emilianischer Provenienz, manieriertem französischem Gout von der strengen Schreibweise Corellis bis hin zur einfallsreichen Unbeschwertheit frühgalanter Art. So vermitteln die Concerti einen Eindruck über die italienische Musik neben den bekannten Werken eines Vivaldi oder Locatelli.
Das Veroneser Ensemble «Il Tempio Armonico» unter Alberto Rasi musiziert die Concerti mit Virtuosität, aber auch mit der typisch italienischen «Grandezza».

DALL' ABACO | concerti op. 2 | Il tempio armonico – Rasi
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CONCERTI A QUATRO DA CHIESA CIOÈ DUE VIOLINI ALTO VIOLA VIOLONCELLO E BASSO CONTINUO. DEDICATI ALL’ALTEZZA SERENISSIMA ELETTORALE DI MASSIMILIANO EMANUELE DUCA DELL’ALTA E BASSA BAVIERA … DA ME EVARISTO FELICE DALL’ABACO CITTADINO VERONESE MAESTRO DE CONCERTI DELLA MEDESIMA A. S. E. OPERA SECONDA. A AMSTERDAM CHEZ ESTIENNE ROGER & LE CENE LIBRAIRE.

Evaristo Felice dall’ Abaco (1675 – 1742) – er war ein echt europäischer Komponist, schon hinsichtlich seines wechselvollen Lebens, das den Veroneser nach Deutschland, Frankreich und in die Niederlande führte: erst recht gelang es ihm, sich die bedeutendsten Instrumentalstile seiner Epoche anzuverwandeln und sie geschickt miteinander zu verbinden, angefangen vom blühenden Violinstil emilianischer Provenienz bis hin zu den aristokratischen Formen französischer Prägung, von der strengen Schreibweise Corellis bis hin zur einfallsreichen Unbeschwertheit frühgalanter Art. Seine musikalische Ausbildung liegt im Dunkeln. Verona, festländische Provinz der Republik Venedig, konnte einem jungen talentierten Musiker auf der Suche nach gelegentlichen Einsätzen nur wenig bieten. Giuseppi Torelli war es, der 1685 seine Heimatstadt zugunsten Bolognas aufgegeben hatte und nun 1696 dall’Abaco empfahl, Verona in Richtung Modena zu verlassen, wo die Förderung durch die Herzöge von Este zahlreiche vorzügliche Instrumentalisten angezogen hatte, unter ihnen Marco Uccelini, Giovanni Battista Vitali und seinen Sohn Antonio. Eine feste Anstellung, die schließlich sogar endgültig werden sollte, fand dall’Abaco 1704, als der Komponist nach München berufen wurde, um Kurfürst Maximilian Emanuel als «suonador da camera di violoncello» zu dienen. Auch München, der Zentralort barocker Kunstpflege im südlichen Deutschland, erfreute sich blühender musikalischer Tradition. Unter den zahlreichen italienischen Hofmusikern fanden sich so bedeutende Künstler wie Pietro Torri, Ercole Bernabei, seine Söhne Giuseppe Antonio und Vincenzo sowie Agostino Steffani. Dall’Abaco reihte sich mühelos in diese Entourage des bayerischen Hofes ein; etwa 1712 wurde er zum «Maestro de Concerti» ernannt, und einige Jahre später erhielt er gar den Titel eines «Consigliere» des Maximilian Emanuel, ein unstrittiges Privileg unter den vom Kurfürsten besoldeten Musikern. Während des Spanischen Erbfolgekrieges sah sich Maximilian Emanuel als Verbündeter Ludwigs XIV. gezwungen, München aufgrund kriegerischer Ereignisse zu verlassen. Dall’Abaco folgte ihm zunächst nach Brüssel, dann in die Niederlande, nach Frankreich und Luxemburg. Das lange Exil in Westeurpa erwies sich für den Komponisten als Quelle wichtiger Erfahrungen, traf er doch auf andere Kulturen, insbesondere die französische Musiktradition, und konnte sich neuen Stilrichtungen anpassen, die seine eigene Erfindungskraft nachhaltig beflügelten.
Im Zeitraum von 1705 bis 1719 veröffentlichte dall’Abaco seine fünf ersten Instrumentalsammlungen, die sechste erschien viele Jahre später, etwa um das Jahr 1734. Nach den Verträgen von Utrecht (1713) und Rastatt (1714), die das Ende des Spanischen Erbfolgekrieges markierten, richtete sich der bayerische Hof wieder in München ein, wo der Komponist am 12. Juli 1742 verschied. Mit Ausnahme weniger erhaltener Manuskripte besteht dall’Abacos musikalische Hinterlassenschaft wie die Corellis aus sechs im Druck vorliegenden Sammlungen, allesamt Instrumentalmusik: zwei Sammlungen Solo-Sonaten (op. 1 und 4), eine mit dreistimmigen Sonaten (op. 3) sowie drei Sammlungen für verschiedene Instrumente (op. 2, 5 und 6), alles in allem 66 edierte Werke. Seiner Stellung als hochrangiger Hofmusiker entsprechend befleißigte sich der umsichtige und auf Qualität bedachte Komponist einer Schreibweise, die in technischen Einzelheiten durchwegs vollkommen war, weit entfernt von irgendwelchen Versuchungen zu gut verkäuflichen Instrumentaleffekten. Die zwölf «Concerti a quatro da chiesa cioè due Violini Alto Viola Violoncello e Basso continuo … Opera Seconda», erschienen in Amsterdam bei Estienne Roger, demselben Herausgeber, der 1714 postum die einzige Sammlung der Concerti grossi von Corelli gedruckt hat. Die Widmung an den Kurfürsten Maximilian Emanuel stellt eine Art öffentlicher Dank für die Ernennung des Komponisten zum «Maestro de Concerti» dar. Die Publikation erfolgte zwischen 1712 und 1714, Genaueres kann wie für alle anderen Sammlungen dall’Abacos so auch für das opus 2 nicht fixiert werden. Für die Besetzung der zwölf Concerti favorisierte dall’Abaco wie Corelli ein Streichorchester homogener Klangfarbe. In der Sammlung alternieren Concerti mit vier oder mehr Sätzen, – untereinander verbunden durch kurze langsame Tempi nach dem Muster der «Kirchensonaten» -, und dreisätzige Concerti in flüssigerer und modernerer Gestalt, ähnlich dem Konzerttyp Vivaldis. Trotz der klaren Zugehörigkeit seiner Concerti zur Gattung der «Kirchensonaten» praktiziert dall’Abaco de facto eine sehr persönliche Synthese von strengem Stil und neuen Zeitströmungen hin zu einer eleganter wirkenden Kompositionsweise, gestützt auf eine solide kontrapunktische Basis, doch verbunden mit jener Lockerheit und Lieblichkeit, die an frühgalante Sensibilität erinnert. Dem mehr archaischen Modell in vier Sätzen folgen die Concerti Nr. 1 in d-Moll, Nr. 5 in g-Moll, Nr. 9 in B-Dur, Nr. 12 in F-Dur. Dieses letzte Konzert der Sammlung ist hinsichtlich der Vielfalt struktureller Möglichkeiten eines der interessantesten. Die Reihenfolge der ersten beiden Sätze – üblicherweise langsam der erste, schnell der zweite -, wird im Vergleich zur Konvention der «Kirchensonaten» auf den Kopf gestellt: dem einleitenden sehr schnellen Allegro folgt ein kurzes und feierliches Largo, melodisch nicht sonderlich einfallsreich, doch voll harmonischer Dichte. Das nachfolgende Prestissimo weist einen unerwarteten solistischen Einschub auf, in dem die erste Violine sich in einem wirbelnden moto perpetuo ergeht, ehe sie in einer sehr kurzen Adiagiokadenz verklingt. Das abschließende Allegro assai ist sogar eine muntere Gigue, obwohl ihr eigentlicher Name wegen der Zugehörigkeit der Sammlung zur Gattung der «Kirchensonaten» nicht ausdrücklich erwähnt ist. Gigues sind im übrigen auch die Finalsätze der Concerti Nr. 5 in g-Moll, Nr. 6 in D-Dur, Nr. 7 in C-Dur und Nr. 10 in A-Dur. Das zwölfte Konzert ist eines derjenigen, das den ausdrücklichen Hinweis «all unissono» aufweist. In einigen Passagen der zweiten Violine ist vorgeschrieben, den Part der ersten Violine zu spielen, wodurch sich die Stimmen von vier auf drei reduzieren, der kontrapunktische Satz vereinfacht und allgemein ein besserer Fluss erreicht wird. Unter den dreisätzigen Concerti ist eines der gelungensten die Nr. 4 in a-Moll, auch sie mit dem Vermerk «all unissono» versehen. Der erste Satz ist eine Arie von weitläufiger Gesanglichkeit, jedoch ungewohnt schneller Agogik (Allegro). Das folgende Largo schließt sich übergangslos an und entwickelt sich mit großem Atem, obwohl es zunächst wie ein einfacher Verbindungssatz anhebt. Überschäumend schließlich wirkt das Presto des Finalsatzes im Dreivierteltakt. Es kann nicht überraschen, dass das einzige solistische Konzert der Sammlung, Nr. 11 in G-Dur, für Violoncello ausgelegt ist, jenes Instrument, das dall’Abaco sehr gut kannte und dem er die erste feste Anstellung seiner Karriere verdankte. Wie im konzertierenden Vorbild Vivaldischer Art zielen das Vivace und das Allegro assai auf virtuose Brillanz des Solisten, sind ansonsten beide Sätze auf den Wechsel von Violoncello und Tutti hin angelegt, während das Grave des Mittelsatzes dem Solisten Gelegenheit gibt, seine Meisterschaft in Kantabilität und Expressivität unter Beweis zu stellen.

Laura Och
Übersetzung: Dr. Bernhard Drobig

sleeve notes

CONCERTI A QUATRO DA CHIESA CIOÈ DUE VIOLINI ALTO VIOLA VIOLONCELLO E BASSO CONTINUO. DEDICATI ALL’ALTEZZA SERENISSIMA ELETTORALE DI MASSIMILIANO EMANUELE DUCA DELL’ALTA E BASSA BAVIERA … DA ME EVARISTO FELICE DALL’ABACO CITTADINO VERONESE MAESTRO DE CONCERTI DELLA MEDESIMA A. S. E. OPERA SECONDA. A AMSTERDAM CHEZ ESTIENNE ROGER & LE CENE LIBRAIRE.

Evaristo Felice dall’ Abaco (1675 – 1742) was a truly European composer, for not only did this native of Verona travel throughout Germany, France and The Netherlands during his lifetime, but he also succeeded in assimilating and cleverly combining the most important musical styles of the epoch, ranging from the flourishing Emilian violin style to the aristocratic French influences, from strict Corellian style to the most imaginative and carefree pre-galant manner. We know nothing of his early musical education. Verona, a mainland province of the Venetian Republic, could offer few opportunities to a young, talented musician. It was Giuseppi Torelli who, having left his home town in preference to Bologna in 1685, now advised dall’Abaco in 1696 to leave Verona for Modena, where the Duke of Este’s patronage had attracted many excellent performers such as Marco Uccelini, Giovanni Battista Vitali and his son Antonio. Dall’Abaco found regular employment, later to become permanent, in 1704 when the composer was called to Munich to serve as «suonador da camera di violoncello» under the Elector of Bavaria, Maximilian Emanuel. At that time Munich could boast of a flourishing musical tradition as the principal centre of baroque arts in southern Germany. Among the many famous Italian musicians at court were such prestigious names as Pietro Torri, Ercole Bernabei, his sons Giuseppe Antonio and Vincenzo as well as Agostino Steffani. Dall’Abaco slipped easily into this entourage at the Bavarian court, being appointed «Maestro di Concerti» around 1712 and a few years later receiving the title of «Consigliere» to Maximilian Emanuel, an undisputedly privileged position among the musicians employed by the Elector. During the Spanish War of Succession Maximilian Emanuel, as Louis XIV’s ally, was obliged to leave Munich on account of the war. Dal’Abaco followed him firstly to Brussels, then to The Netherlands, France and Luxembourg. This long exile in northern Europe proved to be a source of important influences on the composer, for he was confronted with other cultures, in particular with the French musical tradition, and was able to absorb new styles which provided long-lasting and valuable stimuli to his own invention. Dall’Abaco published the first five of his instrumental collections between 1705 and 1719; the sixth appeared much later, around 1734. Following the Treaties of Utrecht (1713) and Rastatt (1714) which marked the end of the Spanish War of Succession, the Bavarian court returned to Munich, where the composer died on 12th July 1742. With the exception of a few remaining manuscripts, dall’Abaco’s musical oeuvre consists, like Corelli’s, of six printed collections of purely instrumental music: two collections of solo sonatas (op. 1 and 4), one of trio sonatas (op. 3) and three collections for various instruments (op. 2, 5 and 6), in total 66 published works. Befitting his status as a highly-places court musician, dall’Abaco took great pains to cultivate a style of the highest quality and technical perfection, far removed from the temptations of cheap instrumental effects.
The twelve «Concerti a quatro da chiesa cioè due Violini Alto Viola Violoncello e Basso continuo …. Opera Seconda» were published in Amsterdam by Estienne Roger, who had also posthumously published Corelli’s only collection of concerti grossi in 1714. The dedication to the Elector Maximilian Emanuel is a kind of public acknowledgement of the composer’s gratitude for his nomination as «Maestro de Concerti”. The publication appeared between 1712 and 1714; it is not possible to as certain an exact date for opus 2 nor indeed for any other of dall’Abaco’s works. Dall’Abaco favoured the homogenous colour of a string orchestra for his twelve concerti, as did Corelli. Concerti with four or more movements, joined together by short slow sections after the church sonata model, alternate with three-movement concerti in a livelier and more modern style similar to that of Vivaldi. Notwithstanding their clearly appertaining to the genre of church sonata, in fact dall’Abaco developed a very personal synthesis of strict style and the newest instrumental tendencies in these concerti, producing an elegantly-crafted compositional style whose solid contrapuntal foundation is lightened with an amiability more related to pre-galant sensibility. The concerti no. 1 in d minor, no. 5 in g minor, no. 9 in B flat major and no. 12 in F major follow the more archaic four-movement model. The final concerto of the collection is one of the most interesting in terms of the variety of its formal structure. The order of the first two movements, traditionally a slow opening movement followed by a fast second movement is reversed here; the opening very lively Allegro is followed by a short, solemn Largo, melodically sparse but harmonically very rich. The succeeding Prestissimo is characterised by unexpectedly virtuoso writing, in which the solo violin launches into a giddy moto perpetuo before ending on a very short Adagio cadence. The concluding Allegro assai is even a brisk gigue, although naming it as such would have been contradictory to the appellation of church sonata. Gigues also appear as final movements in the concerti no. 5 in g minor, no. 6 in D major, no. 7 in C major and in no. 10 in A major. The twelfth concerto also contains the explicit direction «all unissono»; in certain passages the second violin is instructed to play with the first, thereby reducing the number of actual voices from four to three resulting in a clearer contrapuntal texture and a better overall lightness. The most successful of the three-movement concerti is no. 4 in a minor, also containing the instruction «all unissono». The first movement is an expansive cantabile aria yet in an unusually fast tempo (allegro) which leads straight into the following Largo, whose long lines belie its initial appearance of a mere connecting movement. The concerto is rounded off with a sparkling Presto in triple time. It is hardly surprising that the only solo concerto in the collection, no. 11 in G major, was written for the cello, an instrument with which dall’Abaco was extremely familiar, since it had provided him with his first stable position. The outer movements (Vivace and Allegro assai) feature brilliant virtuoso solo writing in Vivaldi-like concerto style alongside contrasting solo and tutti passages, whereas the slow middle movement gives the soloist an opportunity to display his expressive and cantabile qualities.

Laura Och
Translation: Roderick Shaw